Interview mit Edgar Steinborn (Sinzig)

Edgar Steinborn ist Bundesliga- und FIFA-Schiedsrichter. Er ist verheiratet und hat ein Tochter und ist diplomierter Maschinenbau-Techniker. Er pfeift seit 1987 in der Bundesliga und kam 1995 auf die Fifaliste. 1997 hat er das DFB-Pokalendspiel geleitet, eine Ehre die jedem Schiedsrichter nur einmal zuteil kommt.

 

Hallo liebe Jungschiedsrichter,

"Mein Anliegen ist seit jeher die Nachwuchsförderung. Als junger Bundesligaschiedsrichter habe ich in meinem Fußballkreis die Nachwuchsschiedsrichter in besonderen Schulungen betreut. An den Lehrabenden sind wir auf die Sorgen und Probleme der jungen Schiedsrichter eingegangen. Aus der von mir geführten Gruppe ging ein Oberligaschiedsrichter und der 2. Bundesligaschiedsrichter Mike Pickel hervor. Der Weg zu gutem SR Nachwuchs kann nur durch individuelle Schulungen und Betreuung führen. Der junge SR muß sich in der Gruppe wiederfinden."




1. Warum sind Sie Schiedsrichter geworden?

Die Aufgabe als SR hat mich schon sehr früh gereizt. Als 13-jähriger kaufte ich mir eine Pfeife und leitete Spiele auf dem Bolzplatz. Dabei stellte ich fest, dass mich auch die älteren Jungs akzeptierten. Dies war aber nur ein kurzer Exkurs, natürlich hat mir das Spielen damals auch mehr Spaß bereitet. Bis zum 2. A-Jgd.-Jahr habe ich dann bis in die höchste Klasse, als damals rechter Läufer, gespielt. Als ich dann in den Seniorenbereich wechselte, fragte mich ein SR. ob ich nicht Lust hätte, die SR-Prüfung abzulegen. So fuhr ich dann für 3 Tage zur Sportschule nach Koblenz und legte am 16.04.1976 meine SR-Prüfung ab. Mein Hauptgrund war der angestaute Ärger über SR-Leistungen in der höchsten A-Jgd.-Klasse; ich wollte beweisen, dass ich es besser kann.

2. Wie lange haben Sie Jugendspiele gepfiffen, bevor Sie in den Seniorenbereich gewechselt sind?

Nach meiner Prüfung wurde ich nach 2 Jugendspielen direkt im Seniorenbereich eingesetzt.

3. Wie lange haben Sie danach von der unteren Kreisklasse bis a) in die Regionalliga b) in die Bundesliga c) auf die Fifa-Liste gebraucht?

1976 SR der untersten Kreisklassen im Kreis Rhein -Ahr,
1977 SR der Kreisliga A im Kreis Rhein - Ahr,
1978 ST Berzirksliga im FV Rheinland,
1979 SR der Landesliga im FV Rheinland,
1980 SR der Verbandsliga Rheinland,
1984 SR der Amateuroberliga Südwest,
1985 SR in der 2. Bundesliga,
1987 Nachwuchs SR Bundesliga(4 Spiele)
1988 SR der Bundesliga,
1995 SR auf der Fifa Liste


4. Welche Ihrer Spiele sind Ihnen besonders positiv oder negativ in Erinnerung geblieben?

Positive Erinnerungen verbinde ich mit der Leitung des Pokalendspieles 1997 in Berlin VfB Stuttgart - FC Energie Cottbus und an ein UEFA Pokal Spiel in England
FC Liverpool - Glasgow Rangers
Negative Erinnerungen habe ich an eine Partie als junger SR in der 2. Liga im Jahr 1987 RW Essen - RW Oberhausen an der Hafenstraße.

5. Wie sieht der Zeitplan für Sie an einem Bundesligawochenende aus?

Die Anreise erfolgt im Laufe des Freitag nachmittag mit dem Zug oder mit dem Flugzeug. Meine SRA treffe ich meist im Zug oder am Flughafen. Nach Ankunft am Spielort zwischen 19:00 und 20:00 Uhr gehen wir gemeinsam zum Essen.
Der Samstag beginnt mit um 09:30 Uhr mit dem gemeinsamen Frühstück, anschließend starten wir zu einem gemeinsamen Spaziergang. Bis 12:00 Uhr sind wir wieder zurück im Hotel um noch etwas auszuruhen. Die Abfahrt zum Stadion erfolgt
so, dass wir 90 Minuten vor Anpfiff im Stadion sind. Dort treffen wir dann den SR- Manager, der uns bei den administrativen Dingen unterstützt.
Nach der Spielleitung erfolgt das Auslaufen auf dem Spielfeld. Nach dem Duschen und dem Erstellen des Spielberichtes geht es mit dem SR-Manager zum Abendessen. Hier wird dann das Spiel gemeinsam besprochen. Der Heimweg erfolgt am Sonntagmorgen.

6. Wie werden Sie in bei Ihren Spielen empfangen und versorgt?

Die SR-Betreuung in der Bundesliga ist abgeschafft worden. Am Spielort versorgen sich die SR-Teams selbständig. Vom Verein wird lediglich ein Vertreter zur Abholung vom Hotel zum Stadion und zurück gestellt.

7. Wie gut wirken sich Ihre vielen Schiedsrichterreisen auf Ihren Beruf und Ihr Familienleben aus?

Das Reisen bedeutet eine zusätzliche Belastung für Beruf und Familie. Bedingt durch die zentrale Lage meines Wohnortes halten sich die Reisezeiten in erträglichen Grenzen und durch geschicktes Zeitmanagement halten sich die Beeinträchtigungen im Rahmen.

8. Wie weit hatte Ihre Schiedsrichterkarriere Sie im Studium/Ausbildung behindert?

Während meiner Ausbildungs- und Studienzeit benötigte ich für den Fußball noch nicht so viel Zeit, da ich nur in den Amateurklassen tätig war.


9. Könnten Sie von den Schiedsrichterspesen leben?

Nein

10. Für wie wichtig nehmen Sie Presseberichte und Stadiongesänge für und gegen ihre Leistung? Wie war dies am Anfang Ihrer Schiedsrichterkarriere?

Die Presse ist für mich nicht entscheidend. Der Beobachtungsbogen und die angemessene Selbstkritik sind für mich von entscheidender Bedeutung. Stadiongesänge gehören zum Spiel und wirken sich bei mir motivierend aus.
Der schwierige Umgang mit der Kritik in der Öffentlichkeit musste von mir als junger
Schiedsrichter gelernt werden.

11. Was ist Ihre Meinung zum Profi-Schiedsrichter / zum Video-Beweis?

Der SR muß finanziell unabhängig bleiben, um seine Entscheidungen treffen zu können, nein zum Profi-SR. Professionelle Vorbereitung und Lebensgestaltung sind nach meiner Ansicht der richtige Weg für den SR der Zukunft.
Fußball ist ein Spiel, das für alle Spieler und Spielklassen gleiche Bedingungen bieten soll, nein zum Video - Beweis.


12. Worauf sollte ein junger Schiedsrichter bei seinen ersten Spielleitungen achten?

Der junge SR sollte jemanden haben, mit dem er seine Spielleitungen besprechen kann, damit er sein Auftreten, seine Fehler und positive Eigenschaften im nächsten Spiel weiter entwickeln kann.


13. Könnten Sie uns bitte noch in einigen Sätzen einige Tipps für junge Schiedsrichter geben...

Stets gut vorbereitet in die Spielleitungen gehen. Voraussetzungen sind körperliche Fitness und gute Regelkenntnis. Rechtzeitige Anreise zu den Spielleitungen, damit die administrativen Aufgaben rund um das Spiel in aller Ruhe erledigt werden können. Korrektes Auftreten gegenüber den Vereinsvertretern und ein ordentliches Äußeres, damit das Persönlichkeitsbild positiv wahr genommen wird.


14. ...und noch ein paar abschließende Worte hinzufügen?

Das Amt des SR ist ein die Persönlichkeit prägendes Amt. Schnelle und klare Entscheidungen, selbstbewusstes Auftreten und der Umgang mit Menschen in starker emotionaler Anspannung erfordern vom SR höchste Konzentration. All diese Attribute geben dem SR eine Entwicklungsmöglichkeit, die er sicherlich auch für sich in seinem beruflichen Umfeld nutzen kann.
Für die Spielleitungen in der Zukunft wünsche allen jungen Schiedsrichtern das notwendige Glück und Geschick. Gute Leistungen und sportlicher Erfolg stellen sich nur ein, wenn man mit der richtigen Einstellung dieses schwierige Amt ausübt.

Mit besten Wünschen für die sportliche Zukunft

Edgar Steinborn